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Mittwoch, 15. April 2020

Rezension: "Uncover - Die Trollfabrik" von Manfred Theisen

Titel: Uncover - Die Trollfabrik
Autor: Manfred Theisen
Verlag und Info: Loewe Verlag
Wertung: 5/5 Sterne
TB, 400 Seiten
Preis: 14,95 €
Reihe: nein
Genre: Jugendthriller
VÖ: 2020
© Loewe Verlag

Werbung - Dieses Buch wurde mir vom Verlag als kostenfreies Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt.

Uncover - Die Trollfabrik  - Manfred Theisen

Inhalt

Uncover ist ein Youtuber-Team, bestehend aus Phoenix und seiner Freundin sowie ihrem Kumpel Khalil. Dieser bekommt zufällig ziemlich brisante Informationen auf einem Stick über politische Kriegshintergründe und Geldflüsse. Als sie auf ihrem Kanal die Veröffentlichung dieser Informationen ankündigen, ändert sich auf einmal alles. 

Beschimpfungen, Drohungen - wo sind sie da hineingeraten? Und während dessen verschwindet ein kleiner 6jähriger Junge spurlos. Es wird zum Schlagzeilenthema Nummer eins in den Nachrichten. 

Und irgendwie geraten Phoenix und seine Freunde mitten in die Schusslinie und müssen auf einmal ganz real um ihr Leben fürchten.



Beurteilung

Dieses Buch war mal etwas völlig anderes als das, was ich sonst lese. Dennoch ein sehr spannendes Thema: Wie die Menschen heimlich gesteuert werden - in ihrer Meinungsbildung, in ihrem Verhalten, in ihren Vorurteilen. 

Wirklich gruselig, wenn man das so deutlich vor Augen geführt bekommt - aber es ist auf jeden Fall was dran. 
Durch die Augen eines Youtubers, der versucht, auf seinem Kanal die Menschen aufzuklären, dürfen wir erleben, wie Kriege und Hetze gemacht werden. Bezahlte Menschen werden dafür eingesetzt, gezielt auf Videos, Posts und Internetkommentare zu reagieren, um von Themen abzulenken oder Themen und Meinungen in die Richtung zu lenken, die von ganz oben gerade unter der Normalbevölkerung gewünscht wird. 

Schlimm - aber ich schätze, das ist kein Märchen, sondern ziemlich bittere Realität. Vor allem wenn es darum geht, die Menschen - insbesondere in (teilweise) nationalistisch gesinnten Gesellschaften - gegen bestimmte andere Bevölkerungsgruppen aufzuhetzen. 

In diesem Buch geht es ja zusätzlich zu den ohnehin schon ernsten Themen in erster Linie darum, dass Phoenix und sein Kollege Khalil sowie seine Freundin Sarah brisante Informationen aufgetan haben, wie zwischen Iran und Syrien der Krieg angeheizt wird, und wer diesen eigentlich bezahlt. Wirklich irrwitzig, wenn man mit gesundem Menschenverstand darüber nachdenkt, was da passiert, aber tja..... 
Schockiert hat mich, was allein die Ankündigung, man habe Informationen zu diesem Thema, schon bewirkt. Bevor noch überhaupt irgendetwas davon tatsächlich kommuniziert wird. Wie genau tatsächlich überwacht und reagiert wird. Wie skrupellos gewisse Gruppierungen und Regierungen wirklich sind. 

Ich will nicht glauben, dass es so etwas wirklich gibt - aber ich muss. Und ich finde es vom Autor extrem gut, dass er gerade auch jüngeren Lesern mit diesem Buch versucht, die Augen zu öffnen, sie aufzurütteln, über diese Themen nachzudenken. Statt zu Mitläufern zu Selbstdenkern zu werden, die mit offenen Augen durch die Welt gehen und den Mund aufmachen, zu ihren eigenen Überzeugungen stehen und keine tumben Mitläufer werden, die schreien, wenn die Herde schreit.

Trotzdem vermittelt "Uncover" nicht das Gefühl, als Hetzbuch oder Moralvermittler oder gar komplizierter Politroman daherzukommen. 
Die Story um Phoenix und sein Team ist ultraspannend, ein richtiger Pageturner. Manfred Theisen hat mir beim Lesen das Gefühl gegeben, direkt daneben zu stehen, die in den verschiedenen Szenarien herrschende Stimmung hautnah mitzuerleben, zu sehen, zu riechen und zu spüren. Sehr geschickt baut der Autor die Entwicklung auf, wie es zunächst für die Youtuber ein Abenteuer ist, die aber nicht das Gefühl haben, dass es für sie gefährlich werden könnte. 
Sie leben in Deutschland, sie sind integriert, alles ist gut. Es beginnt alles mit ein paar blöden Kommentaren und Hater - Posts - normal halt. Und dann wird es persönlich - Anrufe, Schmierereien, Drohungen. 
Bis die drei Freunde und ihre Eltern merken, das es ernst wird, vergeht ein bisschen Zeit. 

Natürlich ist es ein wenig unrealistisch, dass ein Jugendlicher dann mal eben zu Recherchezwecken alleine in ein anderes Land fährt und dort bei zwielichtigen Gestalten herumspioniert. Es ist alles ein wenig zu "filmig", stellenweise fand ich die Handlung doch etwas zu unrealistisch, die "Bösen" entsprachen irgendwie so vielen typischen Klischees, das ich ein wenig mit den Augen gerollt habe. Irgendwie wie Superschurken, die aber im entscheidenen Moment einfach nur dumm sind oder in die falsche Richtung gucken. Aber nun gut, das Buch ist ja auch kein Tatsachenbericht, sondern soll ein spannender Jugendthriller sein, das darf man bei allem nicht vergessen.

Auch wenn ich jetzt nicht behaupten kann, eine enge emotionale Bindung zu den Protagonisten aufgebaut zu haben, finde ich Phoenix, Sarah und Khalil sind gut portraitierte und sympathische Protas. Mit ihren unterschiedlichen Familienhintergründen bilden sie das perfekte Team. 
Allerdings auch da wieder ein bisschen zu viel Klischee - Khalil ist Araber, Sarahs Eltern sind Russlanddeutsche, Phoenix hat deutsche Eltern. Vor allem bei Sarah sind die Eltern sehr patriotisch und pro-russisch. Ich finde es doof, dass beim Lesen das Gefühl entsteht, dass Menschen, nur weil sie aus einem bestimmten Land kommen oder einer bestimmten Herkunft sind, auch entsprechend politisch ausgerichtet sind und einen entsprechenden Lebensstil pflegen.

Das mag oft so sein - es gibt aber auch genug Menschen mit Migrationshintergrund in der Familie, die das überhaupt nicht schert und die hier so leben und denken wie jeder andere auch. Meiner Meinung nach muss der Autor hier aufpassen, dass er nicht, statt mit seiner Erzählung Vorurteilen einen Riegel vorzuschieben, auch zeitgleich wieder andere erschafft. 

Trotzdem ist die Darstellung insgesamt positiv und aufgeklärt. Auf jeden Fall hat für mich Manfred Theisen das Ziel erreicht: Ich hatte Spaß an einer sehr spannenden und gut geschriebenen Geschichte und habe über das beinhaltete Thema nachgedacht. 
Für mich eine gelungene Geschichte, die wichtige und aktuelle Themen beleuchtet und zielgruppengerecht aufbereitet. Von mir gibt es 5/5 Sterne. 



offizieller Klappentext

Fake News. Alternative Fakten. Lügenpresse.
Auf seinem YouTube-Kanal Uncover deckt der 17-jährige Phoenix Fake News auf. Dabei wird er in den Fall „Alexander“ verwickelt. Der 6-Jährige verschwindet nach einer Geburtstagsfeier spurlos. Kurz darauf geht ein Video viral, das einen syrischen Flüchtling beschuldigt. Phoenix entlarvt das Video als Fake und wird mit einem riesigen Shitstorm konfrontiert. Als er der Spur zu einer russischen Trollfabrik folgt, ist aber nicht nur sein Online-Ruf in Gefahr.

Leonid sitzt gelangweilt in einer Trollfabrik in Estland, wo er tagtäglich Hate-Kommentare verfasst, um Stimmung gegen die deutsche Regierung und für Russland zu machen. Da kommt ihm der Fall des vermissten Alexander gerade recht. Wie praktisch, dass ein syrischer Flüchtling seinen Sohn von Alexanders Geburtstagsparty abgeholt hat. Suchen die Deutschen nicht immer nach einem Grund, um Flüchtlinge zum Sündenbock zu machen?
Nur ärgerlich, dass dieser nervige YouTuber von Uncover seine Pläne durchkreuzt. Aber Leonid weiß, wie man mit Störenfrieden umgeht. Und falls es ihm online nicht gelingt, kennt er offline noch ganz andere Methoden …

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