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Montag, 29. Juli 2019

Rezension: "One second after - Die Welt ohne Strom" von William R. Forstchen

Titel: One Second After - Die Welt ohne Strom
Autor: William R. Forstchen
Verlag und Info: Festa Verlag
Wertung: *****
TB, 500 Seiten
Preis: 14,99 €
VÖ: 2019
Genre: Dystopie
Reihe: Band 1 der Trilogie 
© Festa Verlag

Werbung - Dieses Buch wurde mir vom Verlag als kostenfreies Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt. 

One Second After - Die Welt ohne Strom  -  William R. Forstchen


Inhalt 

Amerika, in einem beschaulichen kleinen Ort am Berg in South Carolina, lebt der verwitwete Professor und Ex-Soldat John mit seinen zwei Töchtern. 

Eines Tages fällt der Strom aus - und alle computergesteuerten Geräte ebenso. Von jetzt auf gleich ist der Ort von sämtlicher Außenkommunikation abgeschnitten. Schnell finden sich die geübten Militär-Veteranen und die wichtigen Stimmen des Orts zusammen und vermuten alle das Gleiche: Ein EMP, ein elektromagnetischer Impuls, hat alles ausgeschaltet.

Wer, welches Land angegriffen hat, oder ob es ein Terrorismus - Akt der eigenen Leute war - das ist erstmal irrelevant, denn nach einigen Tagen begreifen die meisten, dass nicht innerhalb von kurzer Zeit Hilfe von außen kommen wird. 
Sie sind abgeschnitten und müssen mit dem, was sie haben, überleben - vielleicht nicht nur Wochen, sondern Monate oder sogar Jahre.

Sehr schnell werden die Zustände katastrophal und es kommen immer mehr Sorgen, Fragen und notwendige Entscheidungen auf, von denen wir alle glaubten, dass wir sie uns im 21. Jahrhundert nie wieder würden stellen müssen...



Beurteilung 

Also einen Novitätenwettbewerb gewinnt das Buch thematisch nicht. Dystopien, die als Grundlage einen nationalen oder weltweiten EMP haben, gibt es wahrlich schon mehr als eine. Und auch die Tatsache, dass es mal wieder hauptsächlich Amerika trifft und natürlich gleich die halbe Welt irgendwelche Marine, Militär und sonstige Kriegserfahrung hat, hat mich ein bisschen angekekst.

Aber dann dachte ich mir, was spielt es für eine Rolle? Natürlich hätte ich mich gefreut, wenn die Geschichte ein bisschen globaler ausgefallen wäre, aber das spielte für die eigentliche Handlung keine so große Rolle.

Die Geschichte ist unglaublich gut und authentisch erzählt. Am Anfang sind alle ein bisschen planlos und hoffen, das es bald wieder normal weitergeht, machen Witze und sind kreativ im Zeitvertreib ohne Strom. Da das Bergdörfchen, in dem die Protagonisten leben, ohnehin nicht der Nabel der Welt ist, fällt ihnen das auch nicht besonders schwer.
Nach den ersten ein, zwei Tagen fängt es aber schon an, zu bröckeln - die Plünderungen gehen los, Menschen kommen nicht mehr zur Arbeit, weil nichts mehr fährt, die Laune wird schlechter, weil sich langsam alle der Tragweite der Situation bewusst werden. Denken sie. 

Dinge, an die man bei einem kurzen Stromausfall nicht denkt, an die man normalerweise keinen Gedanken verschwendet, werden auf einmal zu zentralen Problemen: Wie kommt man an frisches Trinkwasser? Wie an haltbare Lebensmittel? Wo soll man sich waschen, zur Toilette gehen?

Kleinste Wunden können zur Todesfalle werden. Menschen in Heimen und Krankenhäusern, die auf elektronische Geräte angewiesen sind, sterben. Krankheiten, die längst besiegt waren, brechen in Null komma nichts wieder aus. Jeder ist sich auf einmal selbst der Nächste, der Stärkere überlebt. Hunger. Flüchtlinge. 

Es ist einfach unglaublich, wie auf der einen Seite atemlos man das Buch verfolgt, während die Zeit für die Protagonisten teilweise zermürbend langsam und nervenaufreibend vergeht. 

Abgesehen von der Situation schafft es der Autor, immer wieder wirklich Momente und Situationen zu schaffen, die sich ins Gehirn und in den Kopf brennen und einen total geschockt zurücklassen, weil man es trotz der katastrophalen Gesamtsituation nicht glauben kann. Ich hätte an vielen Stellen wirklich fast geheult: Vor allem die Situation im Pflegeheim und in den Krankenhäusern war brutal realistisch beschrieben - furchtbar, menschenunwürdig, einfach krass, ich glaube ich würde durchdrehen. 

Die Kämpfe mit den Flüchtlingen und den Plünderern fand ich ehrlich gesagt nicht mal das Schlimmste - näher gingen mir die oben beschriebenen Situationen mit den Kranken und vor allem, als es wirklich extrem wurde, als man anfängt, die Haustiere anders zu betrachten, und noch ein paar Einzelschicksale...man denkt die ganze Zeit, jetzt muss es doch gut werden, jetzt muss doch mal was Gutes passieren..nein, es wird immer noch schlimmer und unfassbarer.

Ich frage mich, ob ich stark genug wäre, in einer solchen Situation meine Werte und meine Menschlichkeit zu bewahren und ob ich es schaffen würde, das Unabänderliche zu akzeptieren und mich auf ein völlig anderes Leben einzurichten. 
Es ist tröstlich, dass es immer Menschen gibt, die genau das zu schaffen scheinen und die den Mut haben, alles neu aufzubauen. 

One second after ist ein Buch, das nicht so sehr von seinen Protagonisten lebt, sondern von der Unglaublichkeit der Ereignisse. Natürlich bieten John und seine Freunde und Familie und all die Menschen, die während der schrecklichen Zeit noch zusammenhalten und versuchen, das Schlimmste zu verhindern, jede Menge Stoff für Heldenverehrung, Bewunderung, rührende Momente - und trotzdem, für mich waren die Protas hier wirklich nebensächlich. Ich mochte John und seine Töchter und seine Schwiegermutter und Co., ja, aber es war jetzt keiner dabei von dem ich sage "ohne den wäre die Handlung eine andere". 

Also um es kurz zu machen - Das Buch ist granatengut geschrieben, ich hab die 500 Seiten locker an weniger als einem Tag weggesuchtet. Selten habe ich eine Geschichte mit so vielen erschreckenden, grausamen, einprägsamen und gefühlsintensiven Momenten gelesen, das trotzdem immer noch einen Funken Glauben und Hoffnung übrig lässt. Ich fiebere den zwei Folgebänden schon entgegen und bin wirklich gespannt, wie der Autor das noch weiterentwickeln will. Das Buch bekommt von mir alle Sterne die es gibt.

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