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Sonntag, 21. März 2021

Rezension: "Später" von Stephen King



Titel: Später
Autor: Stephen King
Verlag und Info: Heyne Verlag
Bewertung: 5/5 Sterne
HC, 300 Seiten
Preis: 22,00 €
Reihe: nein
Genre: Horror
VÖ: 2021
© Heyne Verlag

Dieses Buch wurde mir vom Verlag als kostenfreies Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt.

Später - Stephen King

Inhalt

Jamie merkt früh in seiner Kindheit, dass er Dinge sieht, die andere nicht sehen: Menschen, nachdem sie gestorben sind. Seiner Mutter verspricht er, nie jemand anderem davon zu erzählen.

Doch als später seine Mutter eine neue Beziehung eingeht und diese Wind davon bekommt, dass Jamie irgendwie anders ist, versucht sie, diese Fähigkeit für sich zu nutzen, und bringt dabei Jamie in große Gefahr.

Dabei weiß Jamie selbst noch lange nicht genug über seine Gabe und hat noch nicht genug Menschenkenntnis, um immer einschätzen zu können, wer ihm Gutes will und wem er vertrauen kann.

Über die Entdeckung seiner Gabe und seine Erlebnisse damit erzählt Jamie in diesem Buch.

Beurteilung

Seit Jahrzehnten bin ich treue Leserin von Stephen King. Ganz klar gibt es bessere und "schlechtere" Bücher von ihm - je nach Geschmack.

Insgesamt finde ich, dass King vom Schreibstil her eine deutliche Entwicklung durchgemacht hat und die letzten Bücher irgendwie moderner daherkommen als die bisherigen Werke, und irgendwie auch "flotter", wenn ihr wisst, was ich meine.

King kann man ja bei seinen früheren Büchern bis auf wenige Ausnahmen durchaus eine gewisse Langatmigkeit nachsagen - bei diesem Buch (und auch schon bei "Das Institut") ist das vollkommen weg. Das mag im Fall von "Später" auch daran liegen, dass es nur 300 Seiten hat - was ungefähr der Hälfte bis 1/3 eines Standard-Kings entspricht. 

Schon am Klappentext erkennt man, dass das Buch in der Ich-Form geschrieben ist - eine rückblickende Erzählung über die Erlebnisse von Jamie, angefangen bei den frühen Kinderjahren bis ins Erwachsenenalter hinein.

Er kann tote Menschen sehen - aber es ist kein Sixth Sense Abklatsch, den wir hier lesen, sondern eine absolut faszinierende Story, die in einem ganz nüchternen und sachlichen Stil erzählt wird, so dass das, was eigentlich den Horror ausmacht, um so eindrücklicher zur Geltung bringt. Jamie selbst klingt während seiner Erzählung ganz gelassen, als wäre das, was er erlebt hat, ganz normal für ihn (was es ja auch war), obwohl er durchaus weiß, was andere Menschen darüber denken würden. Das hat der Autor wirklich mal wieder großartig rübergebracht.

"Später" ist aber auch ein Meisterwerk dahingehend, menschliche Abgründe in ganz normalen Alltagssituationen herauszustellen - sei es die Tragik eines alten Menschen, der auf der Welt alleingelassen wird, eines Menschen, der im Job oder in der Liebe kein Glück hat und wegen seelischen Problemen total abrutscht oder der Kriminalität verfällt. 

Wie schmal der Grat zwischen Normalität und Gosse, zwischen Normalität und Wahnsinn ist, wird meisterlich zur Schau gestellt - da sind die toten Menschen und die teilweise sehr grausigen Beschreibungen fast nur schmückendes Beiwerk. Ich empfinde das als den wahren Horror an dieser Geschichte - denn auch wenn es durchaus unheimlich ist, Tote zu sehen oder sogar mit ihnen zu sprechen, sind sie doch in dieser Geschichte nicht zwangsläufig böse oder gruselig. 

Trotzdem muss man sich dessen bewusst sein, dass es sehr explizite Beschreibungen von gewaltsam zu Tode gekommenen Menschen gibt, an manchen Stellen sollte man also mit einem empfindlichen Magen und einer lebhaften Vorstellungskraft vorsichtig sein.

Damit kommen wir schon zum nächsten Punkt - Stephen King schreibt in "Später" sehr lebendig und anschaulich, das Buch läuft beim Lesen wie ein Farbfilm vorm inneren Auge ab und Jamie ist ein absoluter Sympathieträger, da er so arglos mit dem ganzen Thema umgeht - und ein einfach viel zu gutes Herz hat. Er möchte Probleme lösen, anderen Menschen helfen, und unterschätzt dabei oft, wie verzweifelt, intrigant oder offen für seine gruselige Fähigkeit andere Menschen sind.

Eine weitere faszinierende Kernfrage, die sich konsequent unterschwellig durch die Geschichte zieht: Hat Jamie diese Gabe wirklich? Oder ist er einfach verrückt, was gar nicht so unwahrscheinlich wäre? Falls es eine Gabe ist, woher kommt sie? Ob man das am Ende als aufgeklärt bezeichnen kann, weiß ich nicht. Auf jeden Fall wird zum Glück kein Fantasy-Roman daraus gemacht und man darf sich als Leser am Ende seinen Teil denken.

Kurzum, der Roman ist auf eine Art ein typischer King, andererseits aber auch anders, schneller, moderner - und daher auch für Leser, die nicht so die klassischen Horror- bzw. King-Freunde sind, absolut geeignet. Mit seinen aktuellen Werken und auch mit diesem Buch begeistert mich Stephen King wieder absolut und macht mir das Warten auf das nächste Werk schwer.

An dieser Stelle klopfe ich mal auf Holz und wünsche Stephen King, der immerhin schon Mitte 70 ist, Gesundheit und ein ganz langes Leben, damit wir uns noch auf viele neue Bücher von ihm freuen können, und hoffe, dass noch 50 unveröffentlichte Manuskripte in der Schublade liegen. 

Von mir gibt es 5/5 Sterne für "Später". 


Klappentext

Jamie Conklin wächst in Manhattan auf und wirkt wie ein normaler neunjähriger Junge. Seinen Vater hat er nie kennengelernt, aber er steht seiner Mutter Tia, einer Literaturagentin, sehr nahe. Die beiden haben ein Geheimnis: Jamie kann von klein auf die Geister kürzlich Verstorbener sehen und sogar mit ihnen reden. Und sie müssen alle seine Fragen wahrheitsgemäß beantworten. Tia hat sich gerade aus großer finanzieller Not gekämpft, da stirbt ihr lukrativster Autor. Der langersehnte Abschlussband seiner großen Bestsellersaga bleibt leider unvollendet – wäre da nicht Jamies Gabe … Die beiden treten eine Reihe von unabsehbaren Ereignissen los, und schließlich geht es um, nun ja, Leben und Tod.

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