Mittwoch, 14. August 2019

Rezension: "Hexenlied" von Antonia Michaelis

Titel: Hexenlied
Autorin: Antonia Michaelis
Verlag und Info: Oetinger Verlag
Wertung: 3,5/5
HC, 400 Seiten
Preis: 20,00 €
Genre: Jugendbuch
Reihe: nein
VÖ: 2019
© Verlagsgruppe Oetinger

Werbung - Dieses Buch wurde mir als kostenfreies Rezensionsexemplar vom Verlag zur Verfügung gestellt.

Hexenlied - Antonia Michaelis 


Inhalt 

Tim und einige seiner Klassenkameraden wollen mit ihrer Theatergruppe wie jedes Jahr zu Ende des Schuljahres ein Stück aufführen. 

Um es zu proben, hat sich hier Lehrer diesmal etwas besonderes ausgedacht: Die ganze Theatergruppe fährt in ein Camp - eine abgelegene Hütte mitten in der Pampa.
Doch diesmal ist etwas anders: Die unheimliche Einzelgängerin Lilith hat sich ihnen angeschlossen. 

Abgesehen davon, dass Lilith von allen als Freak angesehen wird, hat sie etwas besonderes an sich: Sie soll im Stück die "La Bruja", die Hexe spielen - und jedes mal, wenn sie spielt, scheinen alle anderen komplett in die Realität des Stücks eingesogen zu werden. 

Immer mehr Parallelen scheinen sich zwischen den Rollen im Stück und der Realität zu entwickeln - und alle Personen, die im Stück sterben, verschwinden auch in der Gegenwart.... 



Beurteilung 

Dieses Buch ist keine leichte Kost! 

Zum einen wäre da der Erzählstil, der nicht einfach zu verdauen ist. Es erscheint etwas verschlungen und es ist schwierig, auf den Inhalt konzentriert zu bleiben, weil die Zusammestellung der Worte und Sätze sich nicht einfach locker und leicht weglesen lässt.

Wie in der Inhaltsbeschreibung erwähnt, führen die Schüler das Theaterstück "La Bruja" auf, in dem es sehr viele Rollen gibt: Natürlich die Hexe als Schlüsselfigur, aber auch einen Revolutionär, einen Polizist, einen Arzt, eine Mutter, ein Kind, das Volk, ein Präsident..... und jeder der Jugendlichen nimmt seine Rolle im Stück an und verkörpert diese durch die seltsame Verschmelzung von Bühne und Realität auch in seinem echten Leben. 

Die Übergänge sind teilweise schwierig nachzuverfolgen, vor allem sich zu behalten, welcher aus der Gruppe jetzt welche Rolle übernommen hat und welche Charakterzüge, welches Verhalten bzw. welches Schicksal dann in der Realität für denjenigen "vorherbestimmt" ist, empfand ich als sehr anstrengend, wodurch man manchmal beim Lesen etwas den Faden verliert.

Die Parts, die im echten Leben spielen, waren recht gut zu lesen und vor allem auch sehr spannend. Ich fand es ziemlich gut, wie die Autorin hier verdeckt von der Story die zum Teil ziemlich tragischen Familienhintergründe und psychischen Zustände der Protagonisten darstellt und vor allem auch für Jugendliche so wichtige Themen wie Ausgrenzung, Andersartigkeit und daraus resultierende psychische Probleme thematisiert. 
In dem Buch gibt es auch ein paar ziemlich grausame Szenen, bei denen ich eigentlich gar nicht mehr weiterlesen wollte, weil sie genau meinen persönlichen wunden Punkt getroffen haben. Aber ich habe mich trotzdem wieder dran gesetzt. 

In der zweiten Hälfte des Buchs nimmt die Geschichte stark an Spannung und Fahrt auf, und ich war zeitweise total gefesselt - wenn man sich also durch die erste Hälfte durchkämpft, wird man auf jeden Fall belohnt.
Mit dem Ende war ich dann allerdings irgendwie unzufrieden - es war dann so profan und es wurde irgendwie auch nicht richtig aufgelöst, was die Truppe im Zusammenhang mit den Proben und La Bruja beim Nachspielen des Stücks erlebt hat.   

Zu den Protagonisten will ich auch noch ein paar Worte verlieren: Lilith und ihre Familie habe ich total ins Herz geschlossen. Sie ist anders, aber irgendwie ist sie genau wie sie ist perfekt. Sie sieht Dinge und Menschen und Zustände, die andere Menschen übersehen, macht ihr eigenes Ding, versucht jedes atmende Wesen zu retten und in ihre Welt zu integrieren. Nur um eine Person kümmert sie sich nicht: Sich selbst. 

Tim hat größere psychische Probleme, als er selbst ahnt - durch einen seiner Meinung nach von ihm verschuldeten Unfall seiner kleinen Schwester im Kindesalter trägt er eine große psychische Last mit sich herum, die ihn wohl stärker verstört, als ihm selbst und seinem Vater bewusst ist. Das hat seine Familie zerrüttet. Er ist ein toller Gegenpart zu Lilith und ich finde es wunderbar, wie die Autorin aufzeigt, welchen Einfluss Lilith auf ihn hat und wie er zwischen dem Zwang, zur Gruppe zu gehören, und dem Wunsch, so zu sein wie er sich fühlt und endlich jemand zu haben, mit dem er ohne Hemmungen alles machen und über alles sprechen kann, kämpft. 

Auch die anderen aus der Clique bilden ein Spiegelbild unserer Gesellschaft und führen uns zusammen mit ihren Gegenparts aus dem Theaterstück sehr schön die Stärken und Schwächen der Menschen vor Augen. 

Mein Fazit: Die Geschichte ist vielschichtig und es gibt viel zu entdecken. Es ist sehr atmosphärisch und regt in vielen Bereichen zum Nachdenken an, wirbt für Verständnis und Integration und bietet zudem einen sehr spannenden Plot. Minuspunkte sind der recht anstrengende Erzählstil und die vielen Protagonisten mit ihren Doppelrollen und das für mich zu lapidare Ende, das mir irgendwie das Gefühl gibt, dass die Autorin gegen Ende eigentlich etwas ganz anderes geschrieben hat, als ursprünglich der Plan war.

Von mir gibt es 3,5 / 5 Sternen.

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